Der Aufruf des Hamburger Bündnis zum Frauen*streik Hamburg zum 8. März, den ich mit unterschrieben habe:

Der 8. März ist der internationale Frauenkampftag. Seit Jahrzehnten gehen wir an diesem Tag auf die Straße, um unsere Erfahrungen und die gesellschaftlichen Missstände sichtbar zu machen, denen wir täglich ausgesetzt sind. Wir sind Frauen, Lesben, nicht-binäre, trans und inter Personen und wir sind Teil einer internationalen Bewegung. Diese hat allein in den letzten Jahren von Polen bis Argentinien, von New York bis Hongkong, von Spanien bis Nigeria Millionen Menschen auf die Straßen gebracht. Auch 2019 werden wir, in Hamburg und auf aller Welt, die Spülbecken voll und die Bürostühle leer lassen: Wir werden demonstrieren und wir werden streiken!

Seit Jahren beobachten wir mit Sorge den weltweiten Aufstieg rechtsnationaler Parteien und Regierungen. Dabei hören wir jetzt schon ständig sexistische, homosexuellen- und transfeindliche Kommentare, erfahren andauernd Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung durch cis-Männer¹ und das Patriarchat! Unsere Arbeit wird gering geschätzt und unsichtbar gemacht: Noch immer verdienen wir ein Vielfaches weniger als cis-Männer. Zuhause übernehmen wir unzählige Stunden an unbezahlter Erziehungs-, Haushalts- und Pflegearbeit. Im Alter kommen wir mit unserer Rente dann kaum oder gar nicht über die Runden. Wie selbstverständlich sollen wir die emotionale Unterstützung aller Menschen in unserem Umfeld leisten und im Zweifelsfall dabei unsere eigenen Bedürfnisse zurückstellen. So verschieden wir sind, wir sind alle Arbeiter*innen! Ob mit Kugelschreiber, Schraubenschlüssel, Computer oder Besen in der Hand, ob wir dafür Lohn bekommen oder nicht: Von uns wird erwartet, dass wir klaglos, unbeachtet und bereitwillig alle diese Arbeiten übernehmen.

Am 08. März werden wir streiken, um das sichtbar zu machen, was sonst im Privaten verschwindet und einen kollektiven Ausdruck für unsere Erfahrungen zu finden, die sonst vereinzelt bleiben! Wir werden für eine Gesellschaft eintreten, in der alle haben, was sie brauchen und in der alle ohne Angst verschieden sein können. Denn wir wollen keine gleichberechtigte Teilhabe an einem System, dass auf Konkurrenz, Diskriminierungen und Ausbeutung von Mensch und Umwelt basiert. Wir kämpfen für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel!

Wer sind wir?
Wir sind sehr unterschiedliche Menschen aus vielfältigen Kontexten. Wir haben verschiedene soziale und kulturelle Erfahrungen. Einige von uns gehen zur Schule oder sind in der Ausbildung. Manche von uns bekommen Hartz 4, Asylleistungen oder Rente. Viele von uns übernehmen unbezahlt die emotionale und körperliche Sorgearbeit für unser Umfeld, organisieren Erziehung und Haushalt. Wir arbeiten Zuhause oder in unterschiedlichen Berufen. Was uns vereint, ist die Kraft unsere entlohnte und nicht entlohnte Arbeit niederzulegen!

Was wollen wir?
Der Streik ist eine Chance, verschiedene Kämpfe zusammenzuführen und solidarisch gemeinsam aktiv zu werden.

Wir kämpfen für eine Welt, in der wir unseren Fähigkeiten und unseren Bedürfnissen entsprechend arbeiten können und jede Arbeit wertgeschätzt wird. Wir machen unsichtbare und
unbezahlte Arbeit sichtbar. Wir politisieren Beziehungs- und Familienzusammenhänge, denn das Private ist politisch. Wir wollen selbst bestimmen, ob, wann und wie wir arbeiten, denn jede Sekunde unseres Tages ist unsere Zeit!

—————————————————————————————————
¹ Cis-Männer sind die Männer, die bei schon bei ihrer Geburt als Männer eingeteilt wurden und sich auch damit wohlfühlen. Auch Trans-Männer sind Männer, haben aber nicht die gleichen Privilegien, sondern erfahren Unterdrückung.