Eine Corona-Tracing-App, die auf vermeintlicher Freiwilligkeit beruht, aber gleichzeitig sozialen Druck oder gar Hindernisse beim Reisen oder bei weiterer gesellschaftlicher Teilhabe bedeutet, ist nicht hinnehmbar. Im Vorfeld der Einführung einer solchen App müsste gesetzlich geregelt werden, dass Flugreisen (dienstliche und private), Restaurant-Besuche, die Teilnahme am kulturellen Leben und Ähnliches nicht von der Installation der App abhängig gemacht werden dürfen. Ansonsten wäre die sogenannte “Freiwilligkeit” lediglich eine Farce und ein Erpressungsinstrument.
Außerdem kann, solange es keine feste gesetzliche Grundlage gibt, ein effektiver Datenschutz gar nicht gewährleistet werden. Das liegt daran, dass eine komplett anonyme Tracing-App gar nicht möglich wäre. Jede denkbare Umsetzung verarbeitet personenbezogene Daten. Somit wäre ohne klare Rechtsgrundlage bei Einführung einer solchen App Missbrauch Tür und Tor geöffnet.
Zudem besteht die Gefahr, dass die Corona-App vor allem eine Alibi-Funktion hätte, um Personaleinsparungen bei den Gesundheitsämtern zu rechtfertigen. Eine Tracing-App darf – wenn überhaupt – lediglich auf freiwilliger Basis nach Schaffung einer eindeutigen gesetzlichen Grundlage kommen, die ihre Zielsetzung und Funktionsdauer sehr deutlich regelt und stark eingrenzt. Aber die viel bessere Alternative zu einer solchen App wäre die Stärkung unseres Gesundheitswesens: die Beendigung des Spar- und Privatisierungswahns im Gesundheitssektor. Dann wäre tatsächlich allen Menschen geholfen – auch denen, die kein Smartphone besitzen können oder möchten.