Mit der Verleihung des Menschenrechtspreises an Alexej „Zuwanderer sind Kakerlaken“ Nawalny und zuvor mit der Nominierung der rechten Putschistin Jeanine Añez offenbart die EU mal wieder ein äußerst beschämendes Menschenrechtsverständnis!

Wie kann sich die Europäische Union glaubhaft zu einer objektiven Verteidigerin der Menschenrechte aufspielen, wenn sie Nawalny eine solch hohe Ehre zuteilwerden lässt, ungeachtet seiner rechtsextremen und rassistischen Vergangenheit? Und die hat es wahrlich in sich: muslimische Zuwanderer aus Zentralasien bezeichnete er in einem YouTube-Video als „Kakerlaken“ und als „aggressive Fliegen“ – als Ungeziefer also, gegen die Anwendung einer Pistole empfehlenswert wäre. Und ausländische Gastarbeiter sah Nawalny als “Karies am gesunden Volkszahn” Russlands. Zudem nannte er Bürgerrechtler “quasiliberale Wichser” und Homosexuelle “Schwuchteln”. Von diesen Aussagen hat sich der russische Politiker nie distanziert und berief sich dabei noch im Jahr 2017 auf die „künstlerische Freiheit“. Währenddessen muss der mutige Journalist und Whistleblower Julian Assange weiter im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ums nackte Überleben kämpfen und bei einer Auslieferung in die USA mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. Die EU schweigt dazu, Assange stand noch nicht einmal zur Debatte für den Sacharow-Preis – weder in diesem Jahr, noch in den Jahren zuvor.

Und es wird noch bizarrer: unter den diesjährigen Finalistinnen und Finalisten für die Verleihung des Menschenrechtspreises befand sich neben Nawalny auch die rechte bolivianische Putschistin Jeanine Áñez. Und das, obwohl ihre Interimsregierung laut der Harvard Law School für staatlich unterstützte Gewalt, Beschränkungen der Meinungsfreiheit, willkürliche Verhaftungen und Tötungen von Protestierenden verantwortlich war. Dass die EU es ernsthaft in Erwägung gezogen hatte, diese Menschenrechtsverletzerin mit einem Menschenrechtspreis auszuzeichnen, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Bei genauem Hinschauen erkennt man, dass die EU einem klaren Handlungsmuster folgt: diejenigen, die ihr aus geostrategischen Gründen von Nutzen sind, werden hofiert und ausgezeichnet (Nawalny, Áñez) – und zwar ungeachtet ihrer äußerst zweifelhaften politischen Ansichten. Diejenigen aber, die für den Westen unbequem sind, weil sie z.B. wie Assange US-Kriegsverbrechen aufdecken, werden eingesperrt und totgeschwiegen. Diese unhaltbare Politisierung wichtiger Preise entwertet auch die Preise an sich: so wie die Verleihung des Friedelnobelpreises an die „Friedensengel“ EU und Obama diese historische und renommierte Auszeichnung der Lächerlichkeit preisgab.

Wir Linken sind der Überzeugung, dass nicht rechte Hetzer den Menschenrechtspreis verdienen, sondern mutige Whistleblowerinnen und Whistlerblower, die Kriegsverbrechen aufdecken. Und die Kriegsverbrecher gehören ins Gefängnis, nicht in wichtige Entscheidungspositionen der westlichen „Wertegemeinschaft“.

Wer die Menschen in Russland wirklich unterstützen will, sollte nicht Nawalny auszeichnen, sondern sich für eine Visaliberalisierung einsetzen, die Zusammenarbeit mit der russischen Zivilgesellschaft verstärken und insgesamt eine friedliche Kooperation mit Russland suchen.