Einen politischen Konflikt versuchen juristisch zu lösen, sei eine Illusion, bemängelt die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Zaklin Nastic. „Das Ergebnis sehen wir anhand der Auseinandersetzungen auf den Straßen.“ Die Polzeigewalt in Barcelona sei „überhaupt nicht verhältnismäßig“, sagt Nastic im Sputnik-Interview. „Der Generalstreik und die Massenproteste sind eben ein unglaublich starker Ausdruck gegen die Justiz und eine Politik des spanischen Staates der Unterdrückung. Ich finde man sollte statt auf Polizeigewalt seitens der Guardia Civil lieber auf Dialog setzen und nicht die Situation in der Form weiter eskalieren“, erklärt die Abgeordnete.
Nastic wirft der Bundesregierung „politische Doppelmoral“ vor. „Wenn man in Sachen Menschenrechte in Deutschland blind ist oder politisch motiviert ist, zeigt es auch viel über das Demokratieverständnis – auch scheinbar in der EU“, bemängelt die Abgeordnete. „Mein Eindruck ist, nach all dem was ich gelesen und auch von anderen Fraktionen gehört habe, man möchte sich nicht innerhalb der EU einmischen, weil man vielleicht Spanien Schaden zufügt. Nach dem Motto: wir brauchen ein starkes Spanien“.
Keiner dürfte dem widersprechen. Natürlich ist ein starkes und geeintes Spanien für die Europäische Union sowohl politisch als auch wirtschaftlich von Vorteil. Tatsächlich schweigt nicht nur die Bunderegierung zu der Frage der Polizeigewalt in Katalonien. Auch die kritische Berichterstattung und Kommentare aus den Bundestagsfraktionen halten sich hierzulande tatsächlich merklich in Grenzen. Sogar die AfD-Fraktion, die in der Vergangenheit durchaus die Haltung der Bundesregierung in der Frage der Unabhängigkeit Kataloniens kritisiert hat, hält sich mit der Verurteilung zurück. Wie der Sputnik-Redaktion aus den AfD-Kreisen bekannt wurde, sei ein geeintes und starkes Spanien für die Fraktion nicht zuletzt wichtig für die Grenzsicherung gegen die Migrantenströme aus Afrika. Aber auch in der Grünen-Fraktion, die sich sonst außerhalb der EU gerne und oft für Menschenrechte einsetzt und Staatsführungen unverhältnismäßige Gewalt gegenüber Oppositionen vorwirft, ist es überraschend still.
Das sei „heuchlerisch“, findet die Menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Weil, wenn man keine demokratischen, rechtsstaatlichen Länder hat, dann muss man sich nicht wundern, dass es ausufert und dass der Glaube in die Demokratie innerhalb der EU verloren geht.“ Als Beispiel nennt Nastic, dass die beiden katalanischen Politiker Comin und Puigdemont seit fast fünf Monaten nicht ihr Mandat als gewählte europäische Abgeordnete antreten können. „Europa schweigt dazu“, kritisiert Nastic. Zudem sei der Umgang innerhalb der EU und auch in Deutschland seitens Spaniens „sehr schwierig“, bemerkt die Politikerin. Die Linke habe mehrfach dem spanischen Botschafter in Deutschland Gespräche angeboten. „Diese wurden ausgeschlagen. Stattdessen wurde – durch geleakte Dokumente nachgewiesen – Spionage gegen uns und Gegenarbeit betrieben. Das heißt, es wurden schottische Abgeordnete durch spanische Geheimdienste ausspioniert. (Anmerk.d.Red.: gemeint sind die Abgeordneten des schottischen Parlamentes Ronnie Cowan und Joanna Cherry, die der Scottish National Party – SNP angehören, die wiederum im EU-Parlament Teil der Fraktion Die Grünen/EFA sind) Zum Antrag, den ich im Bundestag zu Demokratie in Katalonien eingebracht habe, gab es ein mehrseitiges Dokument, indem verschriftlicht wurde, wie der spanische Botschafter in anderen Fraktionen versuchen wird, politischen Einfluss zu nehmen, damit dieser Antrag gar nicht behandelt oder gar beschlossen wird.“ Auch das seien Anzeichen eines „fragwürdigen Demokratieverständnisses“, empört sich Nastic.