Seit rund fünf Jahren nimmt die Zahl unterernährter Menschen weltweit wieder zu. Die UN geht von 820 Millionen Menschen aus, die unter Hunger leiden. Zugleich wird ein Drittel aller Nahrungsmittel einfach weggeworfen. Hinzu kommt: Die Umwelt- und Gesundheitsschäden durch industrielle Nahrungsproduktion und schlechte Ernährung verursachen inzwischen dreimal so hohe Kosten wie der Kauf von Nahrungsmitteln selbst. Auch bei uns in Deutschland verschlechtert sich die Versorgungssituation in Bezug auf Lebensmittel: Obst und Gemüse werden durch heftige Preissteigerungen für Arme zu einem echten Luxusgut – somit können sich viele Menschen keine gesunde Ernährung mehr leisten, werden häufiger krank und sterben früher.

Deshalb ist es begrüßenswert, dass die UN aktuell einen Welternährungsgipfel abhält und die Aufmerksamkeit auf die tödliche Hungerpandemie richtet, die weltweit um sich wütet. Allerdings wird der aktuelle Gipfel von vielen NGOs wie Brot für die Welt scharf kritisiert und sogar boykottiert. Als Linke schließe ich mich dieser Kritik an. Es ist tatsächlich zutiefst problematisch, dass die UN-Welternährungsorganisation FAO so stark von privaten Geldgebern abhängig ist und in vielerlei Hinsicht nach ihrer Pfeife tanzen muss. Die FAO arbeitet eng mit verschiedenen Agrar-, Agrarchemie- und Lebensmittelkonzernen sowie der Gates-Stiftung zusammen, die für maximale Produktion von Nahrung mithilfe von Hybridsaatgut, Kunstdünger und Pestiziden werben. Umweltschutz und die Interessen der lokalen Bauern im den Ländern des Globalen Südens werden dabei häufig außer Acht gelassen. Zudem gehören auch Fast-Food-Konzerne und Süßigkeiten-Hersteller wie Danone und Mars zu den privaten Spendern, obwohl sie zu Diabetes-Erkrankungen bei Millionen von Kindern u.a. in den Entwicklungsländern beitragen. Besonders zynisch: sogar Croplife International, der Verband der weltweit größten Pestizid- und Gentechnikkonzerne, gehört zu den Partnern der Welternährungsorganisation. Und das Wirken dieser globalen Konglomerate führt zu keinem positiven Ergebnis – im Gegenteil: der Welthunger nimmt zu, ganze Landstriche und unzählige Existenzen von Kleinbauern werden zerstört, und arme Länder in die wirtschaftliche Abhängigkeit von transnationalen Konzernen getrieben.

Dabei wäre es zu einfach, der Welternährungsorganisation an sich unlautere Motive vorzuwerfen. Das Problem liegt tiefer: Die FAO ist chronisch unterfinanziert und hat daher keine andere Wahl als auf das Wohlwollen privater Geldgeber zu hoffen. Die Pflichtbeiträge der Mitgliedsstaaten – rund 500 Millionen Dollar jährlich – reichen längst nicht aus, um ihrem Auftrag nachzukommen. Wer also der FAO privat zusätzliche (meist zweckgebundene) Finanzierung bereitstellt, bestimmt maßgeblich ihre strategische Ausrichtung. Von daher fordere ich die Bundesregierung auf, endlich mehr Geld für das UN-Welternährungsprogramm statt für die Bundeswehr bereitzustellen und somit den Einfluss privater Geldgeber zu begrenzen. Außerdem brauchen wir eine globale, gemeinsame Anstrengung, mehr in die Bekämpfung des Welthungers zu investieren, anstatt für Rüstung und das Militär. Diese Initiative könnte u.a. auch von einer neuen Bundesregierung ausgehen, für die soziale Gerechtigkeit und Frieden keine Fremdworte sind. Nur so könnten wir den Hunger auf der Welt nachhaltig besiegen und zugleich ökologische Nahrungsmittelproduktion im Einklang mit Umwelt, Klima, Gesundheit und den Rechten armer Menschen in Entwicklungsländern fördern.